Johnny Mills
Am 1. April 1908 begann Johnny Mills eine Lehre als künftiger Trabertrainer bei seinem Vater Anthony, und am 13. April 1910 stieg er hinter der Stute Nedda erstmals in den Rennwagen. Auf Anhieb blieb er Sieger, und wie er selbst sagte, hielt er nach diesem ersten Erfolg auf der Bahn in Berlin-Weißensee das Rennfahren und Gewinnen für die einfachste Sache der Welt.
Dass die Bäume aber nicht in den Himmel wachsen, musste Johnny Mills postwendend erfahren. Mehr als ein Jahr lang wollte ihm nichts mehr gelingen. Das war für seinen späteren Lebensweg sicher nur von Vorteil. Die große Chance nach den 18 mageren Monaten bekam er in Hamburg, als sein Bruder Charly in einem Rennen mehrere Pferde engagiert hatte und der für die zweite Farbe vorgesehene Alfred Mills ausfiel. Johnny Mills sprang in die Bresche, aber seine Aufgabe war schwer, denn es galt den unsicheren Dragomann zu steuern. Er hatte nichts zu verlieren, aber viel zu gewinnen. Tatsächlich gelang ihm der große Wurf, und bereits am nächsten Tag gewann Dragomann noch einmal. Das erregte Aufsehen und stellte Johnnys Stärke heraus, seine feine Hand. Dragomann zählte übrigens zu den Lieblingspferden des jungen Johnny Mills, mit dem er innerhalb einer Saison 10 Rennen gewann.
Als im Jahre 1912 die Trabrennbahn Mariendorf eröffnet wurde und damit eine neue Epoche im Berliner Trabersport ihre Einleitung fand, hatte sich Charly Mills vorgenommen, den ersten Mariendorfer Sieger zu steuern. Mit Afra startete er als Favorit, ihm trat sein großer Gegenspieler George Wiltshire mit dem Hengst Sportsmann als nur schwer zu schlagender Gegner gegenüber. Johnny Mills opferte sich mit Dragomann und ebnete Afra den Weg zum Sieg, denn er glaubte am nächsten Sonntag mit seinem Dragomann alles nachholen zu können. Als es aber so weit war, entschied sich Charly selbst für den Hengst. Groß war die Enttäuschung bei Johnny Mills, gekränkt sein gesunder sportlicher Ehrgeiz.
Er zögerte nicht lange, packte seine Koffer und kehrte Berlin den Rücken. In Daglfing, der bayerischen Trainingszentrale, schlug er sein Domizil auf. Der Neuling aus dem Norden setzte sich schnell durch. Mit dem Schimmelhengst Nikotin gewann Johnny Mills allein im Jahre 1913 nicht weniger als 18 Rennen.
Als der erste Krieg die Welt in Brand setzte, brach auch für Johnny Mills eine bittere Zeit an. Als irischer Staatsbürger wurde er in Berlin-Ruhleben interniert. 1918 durfte er für das Gestüt Augustenhöh trainieren, aber öffentliche Rennen zu fahren blieb ihm zunächst untersagt. Die von ihm vorbereitete Rautenkranz musste im Derby Eugen Treuherz fahren und wurde mit der Stute Zweiter.
Unmittelbar nach dem Krieg zog es Johnny Mills erneut nach München, wo er die Pferde des Stalles Kaupper trainierte. Mit 86 Jahressiegen wurde er 1924 Champion der deutschen Berufsfahrer. 1925 zog es ihn in die damalige Zentrale des deutschen Trabrennsports nach Berlin zurück.
Unvergessen sind aus jenen Tagen die großen Duelle seines Florentiner mit der Traberkönigin Mary H. Es gibt wohl kaum eine bedeutende Zuchtprüfung aus jenen Tagen, in deren Siegerliste der Name Johnny Mills nicht mehrfach vertreten ist. Wenn man von Johnny Mills spricht, wird man vor allem an Augias erinnert, der sämtliche große Rennen seiner Zeit gewann und nur im Derby Britton nach erbittertem Finish um einen Kopf unterlag.
Unvergessen ist auch der populäre Wallach Karneval. Dieser Schimmel war der erste deutsche Traber, der die 1:20-Grenze unterbieten konnte. Gern dachte Johnny Mills auch an Cicero zurück, denn mit dem Derbysieg des Hengstes über Adio ist eine nette Episode verknüpft, die beweist, dass auch ganz große Könner ihren Aberglauben haben.
Ein ganzes Jahr lang hatte Johnny Mills keinen Schornsteinfeger gesehen. Als er aber nach der letzten scharfen Arbeit mit Cicero vor der Rennbahn Mariendorf gleich zwei radelnde Schornsteinfeger traf, hielt er das für ein gutes Omen und schenkte den beiden "Schwarzen Männern" je fünf Mark. Vater Anthony schüttelte den Kopf und meinte, jetzt ist mein Junge ganz verrückt geworden. Wie dem auch sei, die Schornsteinfeger machten ihrem Ruf als Glücksbringer alle Ehre, denn Cicero siegte mit Johnny Mills im "Blauen Band". Seitdem glaubte Johnny Mills an Schornsteinfeger. Zwei weitere Derby-Sieger steuerte er an Manitu und Riedel.
Lang ist die Liste der Klassepferde, die Johnny Mills vorbereitet hat. Hierzu gehören Dietlinde, Alwa, Liszt, Eifer, Tell, von Eicken, Karl Heinz, Arnulf, Eckstein, Nerv, Fels und Blaustrumpf. Aber sie alle können sich mit Semper idem und Stella maris nicht messen. Von Semper idem sagte Johnny Mills, dass er nächst Stella maris das wunderbarste Pferd gewesen ist, dass er je gesteuert und gesehen hat. Kaum war Semper idem eingebrochen, so konnte er bereits ohne alle Hilfen 500 Meter im Fohlenwagen in 1:24 traben. Auf einem Sportpressefest stellte Johnny Mills mit ihm einen Rekord auf, der leider keine Anerkennung fand. Über den Kilometer brachte Semper idem die großartige Zeit von 1:16,4 zusammen.
Noch höher als diesen Rekordtraber schätzte Johnny Mills die Traberkönigin Stella maris ein, die er 1943 nach seiner Rückkehr aus Frankreich in Training erhielt. Von diesem Pferd sagte er, dass es das absolut beste Pferd gewesen ist, dass er je in Händen gehabt hatte. Sie sei ein Phänomen, eine Naturtraberin gewesen, die jeden Vergleich mit der Elite der Weltklasse ausgehalten hätte. Johnny Mills berichtete, dass Stella maris über 500 Meter 1:10 gehen konnte. Wenn man Johnny Mills nach seinem größten und schönsten Erfolg seines Lebens fragte, dann überlegte er nicht lange. Immer sagte er, dass es sein Triumph mit Stella maris im Elite-Rennen in Gelsenkirchen war.
Johnny Mills war ein Trainer mit der feinen Hand, der große Pferdepsychologe, der so manchen eigenwilligen Burschen zum ehrlichen Rennpferd gemacht hat. Die Kunst des Trainierens, vor allem das Zurechtmachen junger, diffiziler Pferde, beherrschte Johnny Mills mit vollendeter Meisterschaft. Zurecht wurde er als "Professor" unter den Trabertrainern bezeichnet. Stolz war Johnny Mills auf die Tatsache, dass er als Trainer und Fahrer nie bestraft worden ist.
Uneigennützig hat er den aufstrebenden Nachwuchs an seinen reichen Erfahrungen teilhaben lassen. Für viele jüngere Kollegen war er zugleich Vorbild, Ratgeber und Lehrmeister. Zahlreiche Trainer sind durch seine Schule gegangen, zum Beispiel Fritz Perk, Eddy Freundt oder Hans Sasse.
Als sich Johnny Mills 1968 vom aktiven Rennsport zurückzog, hatte er 1.561 Sieger während seiner erfolgreichen Fahrerkarriere ins Ziel gesteuert. 1928 waren es einmal sechs Sieger an einem Tag gewesen und durch Tell in einem Amateurfahren war noch ein siebenter hinzugekommen. 1973, anlässlich einer Ehrung zu seinem 80. Geburtstag, schwang sich der Altmeister in Berlin-Mariendorf noch einmal in den Sulky. Neben seinem Bruder Charly ist Johnny Mills der markanteste Repräsentant dieser berühmten Traber-Familie.
Johnny Mills' bedeutende Siege
1913: Quasca: Münchner Traber-Preis (M.-Daglfing)
1920: Quallensohn I.: Bayerisches Zucht-Rennen (M.-Daglfing)
1921: Cleo Kuser: Jubiläums-Preis (H.-Farmsen), Julian Wilkes: Hamburger Zucht-Preis (H.-Farmsen)
1922: Bismarck: Hamburger Pokal (H.-Farmsen) Pokal für Drei- und Vierjährige (H.-Farmsen), Dietrich v. Bern: Altonaer Zucht-Preis (H.-Bahrenfeld), Franko I.: Großer Deutscher Traber Preis (H.-Bahrenfeld), Graphit: Senatoren-Preis (H.-Farmsen), Prahlhans: Großer Elbe-Preis (H.-Farmsen), U. 9: Hengste Prüfungs-Preis (B.-Mariendorf)
1923: Baroness Lybia: Jugend-Preis (B.-Mariendorf) Versuchs-Rennen der Stuten (B.-Ruhleben), Florentiner: Buddenbrock-Rennen (B.-Mariendorf) Deutsches St.Leger (H.-Bahrenfeld), Taurus: Derby der Vierjährigen (H.-Farmsen)
1924: Aberglaube: Großer Preis von Mariendorf (B.-Mariendorf), Cleo Watts: Senatoren-Preis (H.-Farmsen) Großer Preis von Hamburg (H.-Farmsen) Hamburger Pokal (H.-Farmsen) Pokal für Drei- und Vierjährige (H.-Farmsen), Fels: Ruhlebener Pokal (B.-Ruhleben) Berolina (B.-Ruhleben) Graf August Bismarck-Rennen (H.-Bahrenfeld) Großer Deutscher Traber Preis (H.-Bahrenfeld), Lybia Watts: Hamburger Zucht-Preis (H.-Farmsen)
1925: Flamingo: Hamburger Pokal (H.-Farmsen) Pokal für Drei- und Vierjährige (H.-Farmsen), Florentiner: Großer Herbst-Preis (B.-Mariendorf) Großer Preis von Ruhleben (B.-Ruhleben), Hetman: Hengste Prüfungs-Preis (B.-Mariendorf), Mary H.: Stuten Prüfungs-Preis (B.-Mariendorf), Quadrat: Gynz Rekowski-Rennen (B.-Ruhleben) Stiftungs-Preis (B.-Mariendorf)
1926: Aberglaube: Großer Preis von Mariendorf (B.-Mariendorf), Magowan jr.: Berolina (B.-Ruhleben)
1927: Augias: Präsidenten-Preis (B.-Ruhleben), Jeanette: Stuten Prüfungs-Preis (B.-Mariendorf), Karl Heinz: Preis von Deutschland (H.-Bahrenfeld)
1928: Arnim: Großer Preis von Hamburg (H.-Farmsen), Arnulf: Preis von Deutschland (H.-Bahrenfeld), Augias: Berolina (B.-Ruhleben) Großer Elbe-Preis (H.-Farmsen) Großer Preis von Berlin (B.-Mariendorf) Großer Preis von Ruhleben (B.-Ruhleben), Ehrenberg: Hengste Prüfungs-Preis (H.-Bahrenfeld), Herostratos: Großer Deutscher Traber-Preis (H.-Bahrenfeld), Opernsänger: Versuchs-Rennen der Hengste (B.-Ruhleben)
1929: Augias: Derby der Vierjährigen (H.-Farmsen) Großer Preis von Ruhleben (B.-Ruhleben), Lucie Watts: Großer Preis von Hamburg (H.-Farmsen), Semper idem: Jugend-Preis (B.-Mariendorf) Altonaer Zucht-Preis (H.-Bahrenfeld) Präsidenten-Preis (B.-Ruhleben)
1930: Carol: Deutsches St.Leger (H.-Bahrenfeld), Eckstein: Deutsches Meilen-Rennen (H.-Bahrenfeld), Landsknecht: Adbell Toddington-Rennen (B.-Mariendorf) Großer Alster-Preis (H.-Farmsen), Nerv: Bruno Cassirer-Rennen (B.-Ruhleben), Semper idem: Deutsches Traber-Derby (B.-Ruhleben), Turmfalke: Sommer-Preis der Dreijährigen (H.-Bahrenfeld)
1931: Cicero: Deutsches Traber-Derby (B.-Ruhleben) Buddenbrock-Rennen (B.-Mariendorf) Adbell Toddington-Rennen (B.-Mariendorf), Edellinde: Hamburger Pokal (H.-Farmsen) Pokal für Drei- und Vierjährige (H.-Farmsen), Saar Maid: Groscurth-Rennen (B.-Mariendorf) Hamburger Zucht-Preis (H.-Farmsen)
1932: Edellinde: Großer Alster-Preis (H.-Farmsen) Großer Preis von Mariendorf (B.-Mariendorf) Großer Preis von Ruhleben (B.-Ruhleben), Ora Leyburn: Großer Deutscher Traber-Preis (H.-Bahrenfeld), Querulant: Derby der Vierjährigen (H.-Farmsen)
1935: Leonore: Gatermann-Rennen (B.-Ruhleben), von Eicken: I. Internationaler Traber-Aufruf (M.-Daglfing)
1936: Erdgeist: Groscurth-Rennen (B.-Mariendorf) Stiftungs-Preis (B.-Mariendorf)
1937: Eisblink: Versuchs-Rennen der Zweijährigen (B.-Ruhleben), Erdgeist: Hindenburg Pokal (B.-Mariendorf)
1943: Manitu: Jugend-Preis (B.-Mariendorf) Stiftungs-Preis (B.-Mariendorf)
1944: Indio: Großer Preis von Mariendorf (B.-Mariendorf), Manitu: Deutsches Traber-Derby (B.-Mariendorf) Buddenbrock-Rennen (B.-Mariendorf) Adbell Toddington-Rennen (B.-Mariendorf)
1946: Almansor: Jugend-Preis (B.-Mariendorf), Stella maris: Großer Jubiläums-Preis von Berlin (B.-Ruhleben), Stellatus: Buddenbrock-Rennen (B.-Mariendorf)
1947: Stella maris: Elite-Rennen (Gelsenkirchen) Gladiatoren-Rennen (H.-Farmsen) Großer Preis von Mariendorf (B.-Mariendorf)
1948: Liszt: Hengste Prüfungs-Preis (B.-Mariendorf), Stella bella: Jugend-Preis (B.-Mariendorf)
1950: Liszt: Preis der Nationen (B.-Mariendorf), Mutiger: Jugend-Preis (B.-Mariendorf), Riedel: Deutsches Traber-Derby (B.-Ruhleben)
1951: Mutiger: Jahrgang Vergleichs-Preis (B.-Ruhleben), Protektion: Großer Preis von Recklinghausen (Recklinghausen), Thomas Guy: Groscurth-Rennen (B.-Mariendorf)
1952: Alexa von Halenbeck: Zukunfts-Rennen (M.-Daglfing), Dietlinde: Großer Jubiläums-Preis von Berlin (B.-Mariendorf), Idola: Jugend-Preis (B.-Mariendorf) Groscurth-Rennen (B.-Mariendorf), Mutiger: Mariendorfer Criterium (B.-Mariendorf), Tell: Elite-Rennen (Gelsenkirchen) Berolina Cup (B.-Mariendorf) American Stakes (B.-Mariendorf)
1953: Dietlinde: Matadoren-Rennen (B.-Mariendorf) American Stakes (B.-Mariendorf) Münchner Pokal (M.-Daglfing), Idola: Adbell Toddington-Rennen (B.-Mariendorf), Sybille: Präsidenten-Preis (B.-Mariendorf)
1955: Alarich: Jugend-Preis (B.-Mariendorf)
1966: Trixifren: Robert Großmann-Rennen (B.-Mariendorf)