Nobleness

braune Stute v. Probst - Noble Lady
gez. 1943 v. Charles Mills, eingegangen 1971
Rekord: 7, 1:20,6

Die Rennkarriere von Nobleness liegt uns leider nicht vollständig vor. Ein Resultat der uneinheitlichen Verbandsstrukturen im deutschen Trabersport, der nach dem 2. Weltkrieg von drei Aufsichtsorganisationen geführt wurde. Wir wissen lediglich, dass Nobleness anfangs in den Rennfarben eines R. Stein startete, später für den Stall Sybille von Kurt Becker. Sie war eine Stute sehr guter Klasse, was nicht nur in ihrem Nachkriegsrekord von 1:20,6 zum Ausdruck kommt, sondern auch, dass die Stute 1947 mit J. Frömming in Berlin-Mariendorf die American Stakes (später Robert Großmann-Erinnerungsrennen) in 1:23,8 über 1800 Meter gewann. Ein Ausnahmepferd wie Stella maris, Siegerin im Elite-Rennen und Zweite im Matadoren-Rennen, stellte als Zweite dieses Rennens zwar einen neuen Nachkriegsbahnrekord von 1:20,5 auf, vermochte aber Nobleness keine 75 Meter Vorgaben geben.

1951 wurde Nobleness erstmals zur Zucht herangezogen. Ihre Mutter Noble Lady wurde 1924 auf der Walnut Hall Farm in Kentucky gezogen und 1934 von Charlie Mills importiert. Noble Lady ist nicht nur selbst ein erfolgreiches Rennpferd gewesen, ihre rechte Schwester Real Lady gewann 1917 das Kentucky Futurity und ihr Halbbruder Challenger wirkte in Deutschland als Deckhengst mit großem Erfolg. Noble Lady war also eine Stute von hohem Blutwert. Leider ging sie, wie fast alle Pferde von Charlie Mills, in den letzten Tagen der Kriegswirren verloren.

Für Kurt Becker war Nobleness in der Zucht eine einzige Enttäuschung. Zunächst blieb sie güst nach Miramus und beim zweiten Versuch brachte sie ein totes Hengstfohlen zur Welt. Im folgenden Jahr verfohlte sie erneut. Als dann der 1954 geborene Noble Lord v. Miramus kurz vor seinem ersten Start zweijährig an Darmverschlingung einging und Nobleness wiederum güst nach Permit geblieben war, da war es mit der Geduld des gewiss passionierten Kurt Becker vorbei. In der Lasbeker Mühle, so wird berichtet, kaufte der sich zunächst heftig sträubende Walter Heitmann für 4.500 DM die Stute. Es war wohl eines seiner besten Geschäfte, die der Buchenhofer Gestütsherr jemals getätigt hat.

Nobleness blieb zwar 1955 güst nach Permit, aber dann wurde sie zur erfolgreichsten Zuchtstute der deutschen Traberzucht. Sechs Zuchtrennensieger gebar Nobleness zwischen 1956 und 1964, darunter die Derby-Sieger Gutenberg (geb. 1959), Hadu (geb. 1960) und Lord Pit (geb. 1964). Von Lord Pit ist überliefert, dass Max Herz das ungeborene Produkt der Nobleness für die damals unglaubliche Summe von 100.000 DM erworben haben soll. Es war ein gutes Geschäft für beide Seiten, wie sich später herausgestellt hat.

Nobleness’ 1956 geborene Tochter Delingsdorferin startete für die Farben ihres Züchters und gehörte zweijährig zu den Top-Stars der Traberszene. Sie gewann in Gelsenkirchen im Juli den Hoffnungs-Preis in 1:24,4 über 1400 Meter, im August in Mariendorf den Jugend-Preis in 1:25,7 über 1500 Meter und im September in Recklinghausen das Kriterium der Zweijährigen in 1:24,6 über 1500 Meter. In Gelsenkirchen und Mariendorf steuerte Züchter und Besitzer Walter Heitmann die Stute selbst zum Sieg, in Recklinghausen war Hermann Kraum mit der Fahrt beauftragt worden.

1957 brachte Nobleness ein Hengstfohlen nach Scotland's Comet zur Welt. Es was das einzige Mal in den Jahren bei Walter Heitmann, dass die Stute zu Lebzeiten Permits nicht von diesem Hengst gedeckt worden ist. Excellenz besaß nicht die Frühreife seiner übrigen Geschwister, sondern der Hengst imponierte mehr durch Steherqualitäten. Seinen größten Triumph feierte Excellenz 1963 als Sieger im Westfalen-Preis, wo er in der Hand von Eddy Freundt seinen Halbbruder Ferrum in 1:23,6 über 2500 Meter nach Kampf mit Hals auf den zweiten Platz verwies.

Jener Ferrum, ein Jahr jünger als Excellenz, gewann zweijährig in Bahrenfeld mit Walter Heitmann den Altonaer Zuchtpreis in 1:25,5 über 1510 Meter. Sein bestes Jahr überhaupt hatte Ferrum 1963 mit fünf Jahreserfolgen und mit dem Sieg im Robert Großmann-Erinnerungsrennen mit Willi Roth in 1:23,6 über 1820 Meter gegen Dorfprinzeß und Querelle.

Ihren ersten Derby-Sieger stellte Nobleness mit dem 1959 geborenen Gutenberg. Er war ein eleganter Hengst, im Typ ein Vollblut. Gutenberg gewann zweijährig den Altonaer Zuchtpreis (1:23,2 / 1510 Meter), den Pokal der Zweijährigen (1:24,3 / 1600 Meter) und den Preis des Winterfavoriten (1:22,3 / 1500 Meter). Im Recklinghäuser Winterfavoriten hatte wieder einmal Hermann Kraum an Stelle von Walter Heitmann die Fahrt übernommen, der in München zum Preis der Besten weilte. Gleich nachdem das Startauto seine Flügel eingezogen hatte, sprintete Virginie mit Startnummer zwei an die Spitze. Gutenberg nahm vor Grand Cherie die zweite Position ein. Der rechte Bruder von Delingsdorferin musste laufend aufgemuntert werden. Willig reagierte er und rückte auf der Stallseite zu Virginie auf. Das Tempo war so schnell, dass beide Pferde auf 40 Meter davongelaufen waren. Ausgangs der Überseite kam der phlegmatische Permit-Sohn kurz von den Beinen. Schnell wieder auspariert, griff er bereits Mitte des letzten Bogens Virginie an. Von diesem Augenblick an setzte ein dramatisches Finish ein. Die ganze Einlaufgerade herunter währte der Kampf, Virginie wollte sich nicht geschlagen bekennen und Gutenberg ließ nicht locker. Wie zwei alte routinierte Kämpen streckten sie sich unter den Hilfen ihrer meisterlichen Fahrer. Besonders beeindruckte der zweifache Zuchtrennensieger Gutenberg, der in der Haltung seines Vaters Permit mit schiefem Kopf lief. Gutenberg hatte den Sieg auf der Ziellinie sicher. Mit Begeisterung waren alle Zuschauer mitgegangen. Mit gleicher Ankunftszeit und einem Kilometerdurchschnitt von 1:22,3 stellten beide Pferde einen neuen deutschen Zweijährigenrekord auf. Der alte deutsche Zweijährigenrekord stammte aus dem Jahre 1929: Semper idem 1:22,9. Erst 6,5 Sekunden später trabte Grand Cherie als Dritte durchs Ziel.

Gutenberg war 1961 der schnellste und gewinnreichste zweijährige Traber gewesen und logischer Weise der Derby-Favorit für das Jahr 1962. Nach Siegen im Hansa-Preis (1:24,9 / 2100 Meter), Adbell Toddington-Rennen (1:23,1 / 2100 Meter) und Rheinland-Pokal (1:24,3 / 2500 Meter) holte sich Gutenberg mit Walter Heitmann auch das Blaue Band des Derbys in 1:25,7 über 3200 Meter vor Hanselmann und Giant.

Vier- und fünfjährig heimste Gutenberg noch jeweils zwei weitere Lorbeerkränze ein, den Deutschen Vierjährigen-Preis in Gelsenkirchen in 1:21,9 / 2500 Meter und den Großen Deutschen Traberpreis in Hamburg-Bahrenfeld in 1:20,7 über 2700 Meter, die Championship von Bahrenfeld in zwei Stechen in 1:19,9 bzw. 1:20,8 über 1609 Meter und die Trophäe in Recklinghausen in 1:19,0 / 2680 Meter.

1960 kam Hadu zur Welt, ein harter Bursche mit urwüchsiger Kraft, den nicht wenige als das beste Produkt der Nobleness ansahen. Von Hadu hat sich Walter Heitmann nie getrennt. Der Hengst war sein Lieblingspferd und galt zwei- und dreijährig als Trabphänomen. Hadu gewann 1962 sieben Zuchtrennen und verlor nur einmal, als er nach kurzem Trainingsstopp noch Konditionsmängel aufwies. Mit einer Jahresgewinnsumme von 61.600 DM und einem Rekord von 1:20,2 hatte er alles bisher Dagewesene in den Schatten gestellt.

Hadu siegte im Hoffnungs-Preis (1:23,1 / 1400 Meter, Richterspruch: Weile), im Präsidenten-Preis (1:22,2 / 1400 Meter, Richterspruch: 8 Längen), wo er erstmalig den deutschen Zweijährigenrekord seines Bruders Gutenberg bei kühler Witterung praktisch im Alleingang verbesserte, im Hamburger Zuchtpreis (1:20,2 / 1500 Meter, Richterspruch: Weile), im Westdeutschen Jugend-Preis (1:20,9 / 1500 Meter, Richterspruch: Weile), im Jugend-Preis (1:25,6 / 1600 Meter, Richterspruch: 7 Längen), im Pokal der Zweijährigen (1:22,9 / 1600 Meter, Richterspruch: 2 1/2 Längen) und im Preis des Winterfavoriten (1:21,1 / 1500 Meter, Richterspruch: 2 Längen).

Im Hamburger Zuchtpreis bot Hadu eine Glanzleistung, die selbst die kühnsten Optimisten nicht erwarten konnten. Nachdem er im Präsidenten-Preis den deutschen Zweijährigenrekord bereits auf 1:22,2 verbessert hatte, musste es eigentlich verwundern, dass der Hengst nicht als eindeutiger Favorit antrat. Sowohl Hadu als auch Fionetta standen am Toto 17:10. Nachdem Fionetta durch einen schweren Startfehler ausgefallen war, lief Hadu das Rennen in der phantastischen Zeit von 1:20,2 aus und verbesserte seinen eigenen Rekord um zwei Sekunden, was gleichzeitig europäische Saisonbestzeit bedeutete.

Hadus Siegeszug durch die Jahrgangsklassiker hielt auch 1963 an. Nach dem Hansa-Preis (1:24,8 / 2100 Meter) sicherte sich Hadu auch die Lorbeerkränze im Ruhr-Pokal (1:21,8 / 2000 Meter), Adbell Toddington (1:23,2 / 2100 Meter), Rheinland-Pokal (1:22,6 / 2500 Meter) und im Deutschen Traber-Derby (1:25,0 / 3200 Meter). Das Buddenbrock-Rennen war in jenem Jahr einer Hustenepidemie zum Opfer gefallen, ansonsten hätte kaum ein Zweifel bestanden, dass Hadu die "Dreifache Krone" errungen hätte. Im Derby vollbrachte Hadu eine gigantische Leistung, da er nach einer Behinderung und einem sich daraus ergebenden Fehler weit zurückgefallen war. Aber er gewann, von Walter Heitmann besonnen nach vorn gebracht, doch noch überzeugend.

Einen nicht wieder gutzumachenden Karriereknick erlitt Hadu im Deutschen Traber-St.Leger, wo er nach einwandfreiem Rennen an der Spitze zum Schluss regelrecht unterging. Walter Heitmann hat später eingestanden, dass er nie starten wollte, da der Hengst gesundheitlich nicht im Vollbesitz seiner Mittel war. Aber er war seitens des Rennveranstalters dazu gedrängt worden, denn ohne Hadu schien das St.Leger nicht einmal die Hälfte wert zu sein.

Die 1963 geborene Kaiserkrone blieb der Rennbahn fern. Sie wurde bereits dreijährig der Zucht zugeführt. Ihr folgte 1964 Lord Pit, der dritte Derby-Sieger für Nobleness. Auch Lord Pit eilte zwei- und dreijährig durch alle Jahrgangsklassiker von Sieg zu Sieg und wurde 1966 mit Gewinnen von 103.632 DM zum gewinnreichsten zweijährigen Traber Europas. Lord Pit brachte bereits zweijährig sechs Zuchtrennen auf sein Konto. Den Jugend-Preis (1:24,5 / 1800 Meter), das Walter Eckelmann-Gedächtnisrennen (1:23,5 / 1649 Meter), den Hamburger-Pokal (1:23,2 / 1540 Meter), das Orakel der Zweijährigen (1:23,3 / 1400 Meter), den Hoffnungs-Preis (1:24,4 / 1400 Meter) und den Preis des Winterfavoriten (1:22,1 / 1900 Meter).

Dreijährig war Lord Pit noch überlegener und blieb bei sechs Saisonstarts ungeschlagen. Er siegte im Hansa-Preis (1:22,5 / 2100 Meter), im Großen Preis der Dreijährigen von Hamburg-Bahrenfeld (1:25,3 / 2600 Meter), im Adbell Toddington-Rennen (1:21,1 / 2000 Meter), im Buddenbrock-Rennen (1:22,7 / 2600 Meter), im Deutschen Traber-Derby (1:24,8 / 3200 Meter) und im Deutschen Traber-St.Leger (1:24,1 / 3200 Meter). Seine Gewinnsumme von 315.132 DM bedeutete Rekord für einen Traber seiner Altersklasse.

Nobleness brachte 1966 mit Noble Lord v. Permit ihren letzten Nachkommen. Auch dieser Hengst war nicht aus der Art geschlagen, wenn gleich er nicht die Erfolge einiger seiner älteren Geschwister erreichte. Die Zuchtleistung der Nobleness mit drei Derby-Siegern und insgesamt sechs Nachkommen, die in gehobenen Rennen siegreich waren, ist in der deutschen Traberzucht unerreicht.

Nobleness ist Mutter von 9 lebenden Nachkommen

1954: Noble Lord (H. v. Miramus)

1956: Delingsdorferin (S. v. Permit) 5, 1:19,4 - 58.775 DM

- Sieger Jugend-Preis 1958

- Sieger Kriterium der Zweijährigen 1958

- Sieger Hoffnungs-Preis 1958

- Urgroßmutter des Zuchtrennensiegers Cornflower Tivoli

- Urgroßmutter des Zuchtrennensiegers Petite Madam

1957: Excellenz (H. v. Scotland's Comet) 7, 1:19,1 - 131.655 DM

- Sieger Westfalen-Preis 1963

1958: Ferrum (H. v. Permit)

- Sieger Altonaer Zuchtpreis 1960

- Sieger Robert Großmann-Rennen 1963

1959: Gutenberg (H. v. Permit) 4, 1:17,5 - 204.675 DM

- Sieger Pokal der Zweijährigen 1961

- Sieger Altonaer Zuchtpreis 1961

- Sieger Preis des Winterfavoriten 1961

- Sieger Adbell Toddington-Rennen 1962

- Sieger Deutsches Traber-Derby 1962

- Sieger Hansa-Preis 1962

- Sieger Rheinland-Pokal 1962

- Sieger Großer Deutscher Traberpreis 1963

- Sieger Deutscher Vierjährigen-Preis 1963

- Sieger Championship von Bahrenfeld 1964

- Sieger Die Trophäe 1964

1960: Hadu (H. v. Permit) 4, 1:18,5 - 218.315 DM

- Sieger Pokal der Zweijährigen 1962

- Sieger Präsidenten-Preis 1962

- Sieger Jugend-Preis 1962

- Sieger Hamburger Zucht-Preis 1962

- Sieger Preis des Winterfavoriten 1962

- Sieger Hoffnungs-Preis 1962

- Sieger Westdeutscher Jugend-Preis 1962

- Sieger Hansa-Preis 1963

- Sieger Ruhr-Pokal 1963

- Sieger Adbell Toddington-Rennen 1963

- Sieger Rheinland-Pokal 1963

- Sieger Deutsches Traber-Derby 1963

1963: Kaiserkrone (S. v. Permit)

- Mutter der Zuchtrennensiegerin Silvretta

- Großmutter des Zuchtrennensiegers Navarino

1964: Lord Pit (H. v. Permit) 5, 1:16,9 - 383.832 DM

- Sieger Jugend-Preis 1966

- Sieger Walter Eckelmann-Rennen 1966

- Sieger Hamburger-Pokal 1966

- Sieger Orakel der Zweijährigen 1966

- Sieger Hoffnungs-Preis 1966

- Sieger Preis des Winterfavoriten 1966

- Sieger Hansa-Preis 1967

- Sieger Großer Preis der Dreijährigen von Hamburg-Bahrenfeld 1966

- Sieger Adbell Toddington-Rennen 1966

- Sieger Buddenbrock-Rennen 1966

- Sieger Deutsches Traber-Derby 1966

- Sieger Deutsches Traber St.-Leger 1966

1966: Noble Lord (H. v. Permit) 7, 1:20,6 - 107.000 DM