Bibijunge
Bibijunge besaß das Handicap als "Kriegskind" aufgewachsen zu sein. Über seine Rennkarriere als zwei- und dreijähriges Pferd (1944 und 1945) gibt es kaum belegbare Angaben. Überliefert ist lediglich die Quelle, dass der Hengst 1944 die Summe von 1.100 Reichsmark gewonnen haben soll.
Erst ab 1946 liegen vollständige Statistiken über die Rennkarriere Bibijunges vor, die besagen, dass der Hengst in jedem Jahr seiner Rennlaufbahn siegreich war und 1947 und 1950 den Großen Preis der Freien und Hansestadt Hamburg gewann. 1947 mit Robert Nowak und 1950 mit Hans Lehmkuhl im Sulky vor Permit und Coronia. Noch im Alter von neun Jahren verbesserte der Hengst seinen Rekord auf 1:20,3.
Bereits während seiner Rennlaufbahn war Bibijunge von seinem Züchter und Besitzer, Karl Theodor Schmidt, zu Zuchtversuchen herangezogen worden, hatte aber lediglich ein Produkt 1949 hinterlassen. Dies änderte sich schlagartig, als Bibijunge 1953 Einzug in das Gestüt Helenenhof hielt. Über den Verkauf Bibijunges schrieb ein verbitterter Karl Theo Schmidt 1962 in der Fachzeitschrift STARTER:
"Trotz erfreulicher Zuchterfolge war das Gestüt Theothesia dem jammervollen Untergang geweiht, denn Nüssau, 40 Kilometer von Farmsen entfernt, lag für die meisten Züchter auf dem Mond. Deshalb entschloss ich mich, an meinen schlimmsten, persönlichen "Freund", aber der Traberzucht unermüdlich und sachverständig hörig, Bibijunge für sage und schreibe 9000 DM auf Wechsel zu verkaufen, denn vielleicht drei Stuten bei mir in Nüssau gegen 60 in Innien wäre für mich ein Verbrechen gegen dieses kostbare Blut gewesen."
Bernhard Frahm schrieb 1965 in der Broschüre "Die Geschichte des Gestüts Helenenhof": "Bibijunge wurden, obwohl er zunächst neben Prolog wirkte, von vorn herein gute Chancen geboten. Als Prolog 1955 wegen Altersschwäche getötet werden musste, wurde Bibijunge Pascha."
"Zu seinem Ankauf hatten uns zwei Faktoren veranlasst, einmal seine ausgezeichneten Rennleistungen, zum anderen, dass er ein auf amerikanischer Grundlage modern gezogener Hengst war. Bibijunge war ein Traber, der sich im gleichen Maße durch Stehvermögen wie durch Speed auszeichnete. Als Sohn von Brother Hanover a.d. Evalee Hanover v. Guy McKinney brachte Bibijunge alle Voraussetzungen mit, die man für die Zucht an Blut und Leistung stellen muss."
In der Tat, die Zuchtleistungen Bibijunges übertrafen seine Taten als Rennpferd bei weitem und stellten ihn an die Seite eines Epilog oder Permit. Bibijunge war es, der Bernhard Frahm zwischen 1956 und 1972 elfmal zum erfolgreichsten deutschen Traberzüchter verhalf. Während seiner Zeit auf dem Gestüt Helenenhof zeugte Bibijunge 429 Nachkommen, darunter28 Zuchtrennensieger. In der Vaterpferdestatistik der Jahre 1958 bis 1968 war der Name Bibijunge hinter Epilog oder Permit stets auf einem zweiten oder dritten Rang platziert.
Bernhard Frahm äußerte sich über die Nachkommen von Bibijunge wie folgt: "Rückblickend kann ich heute mit Genugtuung feststellen, dass selten einem Hengst ein so schneller Aufstieg beschieden war wie Bibijunge. Schon sein erster Jahrgang im Gestüt Helenenhof, der 1955 die Rennbahn betrat, wies sehr gute Pferde auf, an ihrer Spitze Astalind, die als Zweijährige das Groscurth-Rennen gewann, und sich in ihrer späteren Laufbahn als Siegerin im Adbell Toddington-Rennen, im Großen Daglfinger Stuten-Preis und im Großen Preis von Bayern mit einem Rekord von 1:21,8 zu einem Pferd der ersten Klasse entwickelte."
"Auch der zweite Jahrgang von Bibijunge brachte ein Klassepferd. Das ist Anwalt, der zur bundesdeutschen Traberelite gehörte. Durch seinen Rekord von 1:20,6, durch seinen dreifachen Erfolg im Großen Preis von München und durch seine Siege im Franz Burgauer-Rennen sowie in der Recklinghäuser Trophäe hat dieser Hengst in hohem Maße für das Gestüt Helenenhof Ehre eingelegt."
"Der Jahrgang 1956 wird vor allem durch Borneo gekennzeichnet, der seine außerordentlichen Fähigkeiten bei seinen Siegen im Großen Preis von Mariendorf, im Großen Preis von München und im Großen Preis der Freien und Hansestadt Hamburg bewies. Im Jahrgang 1957 hat Canaris die Aufmerksamkeit auf sich gelenkt, nachdem er das Adbell Toddington-Rennen gewonnen hatte und im Deutschen Traber-Derby Dritter war."
Dem Bibijunge-Jahrgang 1958 gehörte Ditmarsia an, die 1961 im Deutschen Traber-Derby in der Rekordzeit von 1:23,8 triumphierte. Ein Pferd mit großer Veranlagung war der 1962 geborene Heres, der auf Grund seiner hervorragenden Zweijährigenleistungen, Sieger im Hinrich Heitmann-Rennen und im Hamburger Pokal, als Derby-Favorit für 1965 galt, das Rennen aber wegen Erkrankung auslassen musste. Der kleine Hengst (153 cm Stockmaß) wurde später in der holländischen Traberzucht zu einem Giganten und stand über Jahre einsam an der Spitze der erfolgreichsten Vaterpferde unseres Nachbarlandes. Weitere erfolgreiche Bibijunge-Söhne in der Zucht waren Anwalt, der mit Ornano, Orlow und Ewalt in Erscheinung trat, und Canaris, dessen Sohn Indiz zweimal das Deutsche Traberchampionat gewann.
Rennkarriere
Sieger in Zuchtrennen
1947: Großer Preis der Freien und Hansestadt Hamburg
1950: Großer Preis der Freien und Hansestadt Hamburg
Erfolge in der Zucht
1958: 2. Vaterpferdestatistik
1959: 3. Vaterpferdestatistik
1960: 2. Vaterpferdestatistik
1961: 2. Vaterpferdestatistik
1962: 3. Vaterpferdestatistik
1963: 2. Vaterpferdestatistik
1964: 2. Vaterpferdestatistik
1965: 2. Vaterpferdestatistik
1966: 2. Vaterpferdestatistik
1967: 3. Vaterpferdestatistik
1968: 3. Vaterpferdestatistik
Bibijunge ist Vater von 28 Zuchtrennensieger
geb. 1953: Alarich 1:23,4 - Astalind 1:21,8 - Dialores 1:23,3 - Nixe 1:23,7 - Prinz Eugen 1:22,9
geb. 1954: Anwalt 1:20,2 - Freund Max 1:22,5
geb. 1956: Berberin 1:25,6 - Borneo 1:18,2 - Westerwald 1:20,1
geb. 1957: Canaris 1:20,7
geb. 1958: Croham 1:20,4 - Dernika 1:24,7 - Ditmarsia 1:21,6 - Donald Duck 1:22,5 - Durchlaucht 1:21,3 - Dynastie 1:23,5 - Wichita 1:20,1
geb. 1959: Galatea 1:21,5
geb. 1961: Erste von Schwochel 1:23,6 - Ghana 1:20,0
geb. 1962: Häuptling 1:21,9 - Heres 1:20,2 - Horstine 1:23,9
geb. 1963: Irrwind 1:17,1 - Krimlin 1:20,2
geb. 1964: Dorothea 1:23,0 - Kaprun 1:20,0